Mittwoch, 10. Mai 2017

Kerry James Marshall - Mastry

Bis zum 3. Juli 2017 läut im "MOCA - The Museum of Contemporary Art" in Los Angeles "Mastry", eine Gesamtschau des Werkes von Kerry JamesMarshall. Diese Ausstellung war zuvor im Metropolitan Museum of Arts in New York zu sehen.

Der Maler Kerry James Marshall wurde 1955 in Birmingham, Alabama geboren und studierte am Otis Art Institute in Los Angeles. Auf Wikipedia heißt es, dass er sich als ein Künstler versteht, der die Historienmalerei in neuer Form fortführt. Er war mit seinen Werken 1997 auf der documenta X und 2003 auf der Biennale di Venezia, sowie 2007 auf der documenta 12 vertreten.



Die große monographische Ausstellung zeigt Bilder aus der 35-jährigen Karriere des Künstlers. Er hat sich dafür entschieden nur schwarze Menschen zu malen und damit den stereotypen Darstellungen Schwarzer in der Gesellschaft entgegenzuwirken. Zugleich gibt er durch seine Bilder der schwarzen Figur einen neuen Ort im Kanon der westlichen Malerei.

Marshall hat schon als Kind und Jugendlicher die schwierige Situation der Schwarzen in Amerika erlebt. Er war erst sieben Jahre alt, als 1963 in Birmingham weiße Supremazisten (Rassenideologie) eine Baptistenkirche in die Luft jagten und vier junge Mädchen töteten. Zwei Jahre später wohnte er in Los Angeles, als der Stadtteil Watts in Flammen aufging. Er erinnert sich aber an sein liebevolles Zuhause mit Mutter, Vater, Schwester und Bruder. Seine Bilder kann man als Selbstbehauptung der Schwärze in einem Medium ansehen, in dem Afroamerikaner unsichtbar sind. Er malt im Stil von Historienbildern mit vielen Figuren Geschichten über Menschen, die normalerweise nicht in Gemälden zu sehen sind und sagt dazu: „Ein Bild sollte dir etwas zeigen, was du nicht sehen würdest, wenn das Bild nicht existieren würde!“

Angesehen haben wir uns:

- Untitled - Studio (Andere Abbildung sind hier und hier zu finden, beim ersten Link lässt sich die Abbildung durch Klicken verändern und dann durch einen Schieberegler vergrößern.)

Beim Vergrößern wurde die Vielschichtigkeit des Bildes deutlich. Besonders fiel uns auf, wie plastisch die Köpfe der schwarzen Personen gemalt sind. Aber auch die Fülle der Bildgegenstände war Thema, denn es sind ja verschiedene ungewöhnliche Szenen in einem Bild dargestellt: Eine schwarze Malerin rückt den Kopf des von ihr Porträtierten zurecht und die Leinwand auf der Staffelei links davon, zeigt sein Bild im Bild. Von dem Bild tropft gerade rote Farbe herunter, die symbolisch auch als Blut zu verstehen sein könnte. Den Hintergrund bildet das rote Tuch, dass die Aussicht aus dem Fenster verdeckt. Hinter ihm zieht sich ein Modell gerade an- oder aus, während ein zweites, ein nackter Mann, vor umgedrehten großen hellen Leinwänden steht. Auf dem Tisch stehen Töpfe voller Pinsel, aber auch ein Totenschädel, der noch Augen hat, darunter liegt ein gelber Hund.

- Portrait of the artist and a vacuum 1981

In dem Bild an der Wand kommentiert Marshall die Unsichtbarkeit des schwarzen Körpers in der westlichen Kunst, aber auch in der modernen Gesellschaft mit seinem Selbstporträt "schwarz auf schwarz". Hier hat er das Selbstporträt zusätzlich in einem Raum gebracht, in dem es an einer roten Wand hängt. Davor steht ein Staubsauger auf dem leeren schwarzen Dielenfußboden. Das ermöglicht eine Reihe von Assoziationen: z.B. das Gefühl der Leere im Bild oder den Gedanken an die Hausarbeit, die von schwarzen Hausmädchen übernommen wird. Aber man könnte auch das Bild vergleichen mit der zeitgleichen Installation von

- Jeff Koons: New Hoover Convertibles, 1981–87.


Mit der Geschichte und dem Leiden der Schwarzen in Amerika setzen sich die Bilder und die Installation mit dem Titel "Souvenir" (Erinnerung) auseinander

Beide Bilder gehören zu der Ausstellung Memento, zu der insgesamt drei Gemälde gehören, sowie überdimensionale Stempel mit Slogans der Bürgerrechtsbewegung und eine Videoprojektion gehören. Wir haben auf den Bildern die schwarze Frau im Wohnzimmer gesehen, die man erst auf den zweiten Blick als Engel erkennt, aber auch das "Erinnerungsbild" an der Wand mit den Porträts von Martin Luther King, sowie John F. und Edward Kennedy. Dann erst fiel uns die Decke des Wohnzimmers aus mit ihrem, wie es in der englischen Beschreibung (auf der Website von Memento) heißt "engelhaften Pantheon von afrikanisch-amerikanischen kulturellen und politischen Persönlichkeiten", die zwischen 1959 und 1979 starben. Marshall stellt die Erinnerung an die Bürgerrechtsbewegung und die afrikanisch-amerikanische Geschichte in einem Wohnzimmer dar, das zugleich zu einem bürgerlichen Gedenkraum geworden ist und von einem Engel geschmückt wird. 

Zu dem Gemälde

- De Style 1993

sagt der Künstler selbst: „Schwarze Menschen besetzen einen Raum, sogar banale Räume, auf die faszinierendste Weise. Stil ist so ein integraler Bestandteil dessen, was schwarze Menschen tun, dass nur zu Fuß gehen keine einfache Sache ist. Du musst mit Stil gehen. Du musst mit einem gewissen Rhythmus reden; Du musst Sachen mit einem Flair machen. Und so versuche ich in die Gemälde die gleiche theatralische Tendenz einzufügen, die ein so integraler Bestandteil des schwarzen Kulturkörpers zu sein scheint." zitiert Wikipedia

Uns fielen natürlich die opulenten Frisuren der Dargestellten zuerst auf, aber auch das ungewöhnliche Sujet des Bildes, oder kann uns jemand ein Gemälde nennen, das älter ist und einen so banalen Ort wie einen Friseursalon mit all seinen alltäglichen Utensilien darstellt? Und was, sollen die rosa Sterne am Himmel bedeuten?  

Kurz sind wir dann noch auf die Diskrepanzen in dem Bild 

- Better Homes better gardens, 1994

eingegangen. Dargestellt wird eine von niedrigen Häusern umbaute Rasenfläche, aber wenn man genau hinsieht, sind überall in dem Bild weiße Zäune und die Wohnungen, die den Garten abgrenzen, sehen ungepflegt und armselig aus, wenn man die verhängten Fenster betrachtet. Auch das Schild "Wellcome to Wentworth Gardens" links ist kaum richtig zu erkennen. Tatsächlich bildet Marshall die Wentworth Gardens in Chicago ab; ein Wohnungsbauprojekt aus dem Jahr 1945, das ursprünglich errichtet wurde, um während des Zweiten Weltkriegs Arbeiter der Kriegsindustrie unterzubringen. Heute befinden sich dort Sozialwohnungen der Stadt. 

Als letztes sahen wir uns an: 

- Untitled 2008 

Zuerst wirkte dieses Bild nur idyllisch auf uns. Das schwarze verliebte Paar auf dem Hügel, der Meeresstrand, die Wellen, die Möwen, die angeschnittene Palme und die untergehende Sonne lassen an Ferien im Süden denken, aber dann sieht man die Pfosten am rechten Rand des Hügel mit ihrem Stacheldraht, der den Strand in zwei Bereiche trennt und die Assoziation von zwei nach Rassen getrennten Stränden zerstört die Idylle.