Freitag, 2. Juni 2017

Paint the Revolution - Mexican Modernism 1910–1950

Website zur Ausstellung im Museo del Palacio
de Bellas Artes in Mexico City
Diese Ausstellung tourt im Augenblick durch Amerika und Mexiko. Sie  war vom 25.10.2016 bis zum 8.1.2017 im Philadelphia Museum of Art, vom 10.2. bis zum 7.5.2017 im Museo del Palacio de Bellas Artes in Mexico City und wird vom 25.6. bis zum 1.10.2017 in Houston im Museum of Fine Arts zu sehen sein. Es gibt dazu einen englischen Katalog und einen spanischen Katalog.

Da es in der Ausstellung und in den Bildern um die Revolution geht, war natürlich als erstes der Weg zur Wikipedia vorgezeichnet. Unter dem Stichwort "Mexikanische Revolution" kann man sich umfassend informieren. Hier nur kurz: Es ging um die politisch-gesellschaftliche Umbruchphase in Mexiko, die 1910 begann. Damals führten oppositionelle Gruppen um Francisco Madero den Sturz des diktatorisch regierenden mexikanischen Langzeit-Präsidenten Porfirio Díaz herbei. Es folgten blutige Kämpfe, die bis weit in die 1920er Jahre dauerten. Dabei setzten sich besonders die Zapatisten, die Anhänger des Anführers Emiliano Zapata, für die Ureinwohner und eine größere soziale Gerechtigkeit ein. Die Revolutionäre verdrängten die alte Oligarchie und vernichteten ihren Staatsapparat. Unter dem Präsidenten Lázaro Cárdenas del Río, erfolgten dann ab 1934 bedeutende soziale Reformen.

Eine ganze Reihe von Bildern sowohl von den Ausstellungsräumen in Philadelphia wie von einzelnen Kunstwerken kann man übrigens auf Artsy sehen. 

Wir haben uns als erstes angesehen: 

- Diego Rivera, Dance in Tehuantepec, 1928 (Man kann das Bild vergrößern, indem man darauf klickt!)

Auf die Frage, warum dieses Bild wohl angefeindet worden ist, stellte sich ein Fragezeichen in den Köpfen ein. Wir überlegten dann erstmal, wer dargestellt ist. Nackte Füße, trachtenartige Kleider, weiße Anzüge, fremdartige Gesichter waren die Kennzeichen, die genannt wurden. Mexikanische Ureinwohner also beim Tanz unter Bananenstauden. Warum haben sie so ernste Gesichter, obwohl doch alles so farbenfreudig und festlich aussieht? Auf welcher gesellschaftlichen Stufe standen diese Menschen? Ja, und Diego Rivera ist kritisiert worden, weil seine "Subjekte" für die spanisch-stämmige Oberklasse der Kunstfreunde in Mexiko nicht bildwürdig waren.  

Wie schrecklich die Reichen in Mexiko geherrscht haben, zeigt dann das Bild desselben Malers:
- Diego Rivera “Liberation of the Peon” (1931) 

Wir haben uns bei diesem Bild länger aufgehalten, weil die Website außerordentlich informativ ist. Klickt man unter dem Bild, so kann man eine Vorzeichnung sehen. Klickt man rechts auf die Lupe im gelben Feld (the mural in depth), so erscheint das Bild mit Kreuzen, die man anklicken kann. Dann erscheinen zusätzliche Informationen zum Bild. So zum Beispiel der Vergleich der Wunden des nackten Mannes, der mit seinen Händen an einen Pfahl gebunden ist, mit den Wunden Christi am Kreuz; der Vergleich der Männer, die sich über ihn beugen, mit den Marien bei der Kreuzabnahme in einem Bild Giottos und weitere Informationen.  

Wie sehr sich mexikanische Künstler mit den Vereinigten Staaten auseinandersetzten, konnten wir am Bild von 


erkennen. Rechts eine Welt voller technischer Instrumente und Wolkenkratzer, links Blumen, Wüste, Überreste alter Kulturen und in der Mitte das Selbstporträt im rosa Abendkleid mit weißen Spitzenstulpen über den Armen und der mexikanischen Flagge in der Hand.  

Ganz anders dagegen das Foto von

- Manuel Alvarez Bravo, Optic Parable, 1931 

War die seitenverkehrte Inschrift in dem Ladenschild "LA OPTICA MODERNA" und "E.SPIRITO." (also "moderne Optik" und "Geist") tatsächlich so zu lesen? Hat der Künstler nur eine ungewöhnliche Perspektive auf die Schaufenster eines Optikers gewählt? Oder führt er uns mit der modernen Optik in die Irre? Warum blicken uns so viele Augen an und wie schauen wir zurück? Viele Fragen, die sich ganz unterschiedlich beantworten lassen. 

Eindeutiger ist da die Grafik von  

- Leopoldo Mendez, Proletarian Hand, 1932,

wenn man sie vergrößert, erkennt man deutlich die Gehängten, die die Knochen dieser Hand bilden. Außen herum sind die Namen von Verurteilten geschrieben, wie z.B. von Sacco und Vanzetti.  

Ein ganz anderes Thema hat das Bild von 

- Juan O’Gorman. Mexico City, 1949,

doch auch er setzt sich mit der Vergangenheit Mexikos und seiner zeitgenössischen Erscheinung auseinander, wenn er die Hauptstadt seines Landes mit ihren modernen Gebäuden von der Höhe eines Denkmals aus malt, dessen Sockel gerade erst fertig geworden ist. Mit dem Architekten blicken wir im Vordergrund auf den alten Stadtplan von Tenochtitlan, einstigen Hauptstadt der Azteken, über der Mexiko City, die moderne Stadt erbaut wurde. Unter dem Stadtplan ist zu lesen: "Aqui se representa el corazon de ciudad de Mexico  tal y como se ve desde arriba del monumento de la revoluccion en direccion al oriente" (Hier ist das Herz von Mexiko-Stadt dargestellt, so wie man es von oben vom Monument der Revolution in Ost-Richtung sieht.)

Wir kamen hier noch einmal durch Ursel auf ein weiteres Bild von 

- Frida Kahlo, New York, 1933
zu sprechen, in dem sie ihr mexikanisches Kleid in der bunten "Neuen Welt" auf eine Leine gehängt hat, die zwischen einer Toilettenschüssel und einem Pokal, beide auf hochen Sockeln, aufgespannt ist. Es handelt sich um eine Collage. Am unteren Bildrand sind Menschenmassen aus Zeitungsfotos ausgeschnitten aufgeklebt. Sie stehen Schlange in Richtung auf einen brennenden Palast, andere marschieren mit Gewehren aus dem Bild heraus.

Aber nicht nur Frida Kahlo hat in New York gemalt, wir haben ihr Bild mit dem von

- Diego Rivera, Frozen Assets, 1931-1932

verglichen, das die Stadt in drei Ebenen zeigt: die Wolkenkratzer, das Massenschlaflager für die Arbeiter und die im Keller verschlossenen Bankschließfächer, in denen der Profit eingelagert wird. 

Auch bei diesem Bild kann man die Lupe im gelben Feld anklicken und erhält dann weitere Informationen! 

Übrigens ist es durchaus interessant über den seitlichen Reiter "murals" noch weitere Gemälde nach Wandgemälden von Rivera anzusehen!