Sonntag, 13. August 2023

Pompeji

Fresko des Laokoon aus dem Haus des Menander, Quelle Wikimedia
 
Der Juli ist Ferien- und Reisezeit. So sind auch wir dieses Mal beim Kunstsurfen auf eine virtuelle Besichtigungstour gegangen und haben die Ausgrabungen von Pompeji in Süditalien besucht. Wer hat nicht schon davon gehört, dass diese Stadt beim Ausbruch des Vesuv im Jahr 79 n. Chr. verschüttet wurde und Jahrhunderte lang so gut wie vergessen war?

Aber ein paar Informationen zur Geschichte können trotzdem nicht schaden: Das gesamte Vesuvgebiet wurde schon im Jahr 62 n. Chr. durch ein starkes Erdbeben erschüttert, das Pompeji in Trümmer legte. Der Wiederaufbau war sofort danach begonnen worden. Doch als die Stadt unter dem Ascheregen und der Lava des Vulkans begraben wurde, war Pompeji noch immer eine große Baustelle.

Wiederentdeckt wurde die Stadt im 16. Jh. Es dauerte dann noch bis 1748, bis offiziell Erkundungsarbeiten aufgenommen wurden. Sie wurden während des 19. und 20. Jh. systematisch fortgeführt. Noch heute wird an der Freilegung der Stadt gearbeitet, wobei die Gebäude so weit wie nötig in Stand gesetzt werden. So findet man heute in der Stadt einen außerordentlichen Reichtum an Bauwerken, Skulpturen, Malereien und Mosaiken. Das archäologisch relevante Gebiet erstreckt sich über etwa 66 ha, wovon bisher ca. 45 freigelegt worden sind.

Wer sich ausführlich über die wichtigsten Bauten informieren will, kann auf der Website der Anlage das PDF eines deutschsprachigen Führers und einen aktuellen Plan herunterladen.

So schön und interessant die ausgegrabenen Bauten und Kunstwerke auch sind, so kommt man nicht umhin, sich auch an den Schrecken, an Zerstörung und Tod zu erinnern, die der Vulkanausbruch über die Einwohner der Stadt gebracht hat. Immer wieder sind die Ausgrabenden auf Leichen Flüchtender gestoßen. So wie hier im 

- Garten der Flüchtenden,

einem Gebiet, in dem vor dem Vulkanausbruch Wein angebaut wurde. Dort wurden im Jahr 1962 die ersten von insgesamt dreizehn Kindern und Erwachsenen gefunden. Der Tod ereilte sie, als sie auf der bereits 3,5 m hohen Bimssteindecke einen Fluchtweg suchten. Ihre Gipsgüsse sind nun an der Abschlussmauer des Gartens in einem Glaskasten ausgestellt.

Wir haben diesen traurigen Anblick hinter uns gelassen und uns in das Haus des Menander begeben. Zuerst haben wir den 

- Haus des Menander, Grundriss 

aufgerufen, auf dem man den Umfang des Hauses und die verschiedenen Wohnbereiche gut erkennen kann. Wenn man auf die einzelnen Bereiche klickt, kommt man zu den dazu passenden, sehr umfangreichen Bilderstrecken. Wir sind allerdings etwas anders vorgegangen und sind zu dem Haus auf der (ital. und engl.) Website 

- planet pompeii

gesurft. Wenn man auf dieser Seite das kleine gelbe Männchen ganz rechts mit der Maus anklickt und geklickt hält, kann man es auf die kleinen Kreise im Stadtplan ziehen und im Haus verschiedene Rundblicke aufrufen. Man kann aber auch die Bilderstrecke der "Gallery" unter dem Foto links anklicken und sich Einzelbilder der Räume ansehen.

Nachdem jeder so für sich das Haus erkundet hatte, haben wir uns das namensgebende Fresko angesehen:

-        - Fresco des Menander  

Menander war ein griechischer Komödiendichter in Athen. Er sitzt hier als junger Mann mit umkränzten Kopf in einem Lehnstuhl, hat den rechten Arm aufgestützt und hält eine Schriftrolle in der anderen Hand.

Weiter ging es zum Atrium, an dessen Wänden sich Freskos mit Szenen aus der Ilias und der Odyssee befinden. Wir haben uns das Bild des

- Laokoon

angeschaut. Die Geschichte des Laokoon hatte Ute in Erinnerung: Er war Priester in Troja. Beim Kampf um diese Stadt griffen die Griechen zu einer List und gaben vor Troja zu verlassen. Sie ließen ein großes hölzernes Pferd vor den Toren; angeblich zur Ehrung der Götter, in Wirklichkeit jedoch mit griechischen Kämpfern angefüllt. Laokoon war der einzige, der diesen Betrug erkannte und die Trojaner warnte. In Vergils Aeneis (1. Jahrhundert v. Chr.) wird die Geschichte so erzählt, dass er an einem Tempel nahe am Meer einen Stier opferte und zwei Schlangen sich dem Strand näherten. Daraufhin liefen die Trojaner erschrocken auseinander. Die Schlangen strebten auf Laokoon zu und kamen zuerst zu seinen Söhnen, die sie vergifteten. Laokoon näherte sich ihnen mit einem Speer, wurde aber zweimal umschlungen, kämpfte um seine Befreiung und wurde ebenfalls vergiftet.

Auf dem Bild erkannten wir in der Mitte Laokoon, der mit einer Schlange kämpft; vor ihm der umgestoßene Opfertisch, seitlich davon liegt der getötete Stier am Boden. Vor dem Tisch liegt ein getötetes Kind am Boden, der andere Sohn wird von der Schlange angegriffen. Nicht ganz sicher waren wir uns bei den Menschengruppen rechts und links von Laokoon: fliehende Trojaner und zuschauende, grüßende Griechen? Und wer schaut aus der Ferne herab?

Und irgendwie hat uns das Bild auch an die berühmte antike

- Laokoongruppe (Nachbildung aus hellenistischem Original von 200 v.Chr., gefunden in den Trajan-Thermen in Rom im Jahr 1507)

erinnert. Danach haben wir über einen weiteren Fund gestaunt, der sich in einem Untergeschoß des Hauses befand. Dort fanden die Ausgräber eine Holztruhe mit 118 Silbergefäßen, die sorgfältig eingelagert worden waren, als das Gebäude nach dem großen Erdbeben von 62 n. Chr. renoviert werden musste. Die Stücke bestehen insbesondere aus einem Essgeschirr aus 83 Teilen und einem Trinkgeschirr aus 23 Teilen. Dazu enthielt die Kiste auch Goldschmuck und Münzen. Ausgestellt ist dieser Fund im Archäologischen Museum von Neapel

- Silberschatz aus dem Haus des Menander.

Wir haben besonders die Vielzahl der Gefäße bewundert. Wer auch Fotos von der Holztruhe und von noch mehr Teilen des Schatzes und von ein paar Bildern der Wandmalereien und der Mosaikböden sehen will, der sei noch auf diese italienische Seite verwiesen. 

Weiter gegangen sind wir zum Haus der Vettier, um uns das

- Lararium im Haus der Vettier

anzusehen. Als Lararium wird der Kultschrein für die "lares familiares", die Schutzgötter des Hauses bzw. der Familie bezeichnet. In vielen Häusern in Pompeji besteht er aus einer Nische in einer bemalten Wand oder nur aus einer solchen. Schlangen galten dabei im antiken Rom als Symbole für Wohlstand und stellten eine Verbindung zu den Vorfahren dar. Hier erscheint die Schlange unter einer weiblichen Gestalt, die von zwei - tanzenden? - Männern mit Trinkhörnern begleitet wird. Nachgelesen habe ich , dass diese jungen Männer die Vorfahren (Lares familiares) waren, die mit kurzer Tunika und hoher Fußbekleidung dargestellt wurden, während sie Wein aus dem Rhyton (einem hornförmigen Trinkgefäß) gossen. Jedes wichtige Ereignis wurden mit Opfergaben unter den Schutz der Laren gestellt; zum 

Beispiel das Erreichen des Erwachsenenalters, eine Reise oder die Rückkehr zu jemandem, Heirat, Geburten.

Zum Vergleich haben wir uns ein zweites, reicher ausgestattetes

- Lararium mit Opferaltar

angesehen, auf dem zwei Schlangen zu einem Pinienzapfen mit zwei Eiern hinstreben. Über ihnen sind ähnliche Figuren wie auf dem vorherigen Kultschrein gemalt, die bei einem Opferaltar stehen. Rechts davon war sicher ein Bildnis in der halbrunden Nische aufgestellt. Gerätselt haben wir, ob der Schweinskopf und die beiden Spieße (mit Würstchen und Speckscheiben?) wohl auf die Profession der Besitzer des Hauses hinweisen.

Das ist auch gleich die Überleitung zu dem nächsten Bild, bei dem auf den ersten Blick nicht klar war, was es eigentlich zeigt:


- Thermopolium 

Erst wenn man sich durch die Bilderserie weiter unten durchklickt, erkennt man die Theke mit den eingelassenen Öffnungen, unter denen sich große Gefäße befanden. Wir befinden uns in einer antiken Snackbar, in der meist gekochte Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen, Linsen und Kichererbsen verkauft  und mit heißem Wasser gemischter Wein ausgeschenkt wurde. Die Wände der Theke sind wirklich reich bemalt, darunter geschlachtete aber noch nicht gerupfte Gänse, ein Huhn und ein Wachhund, aber auch eine Nereide auf ihrem "Seepferdchen" mit Delphinen. Diese Bars waren zur Straße hin meist offen, wie man auch am

-Thermopolium von Asellina (die Bilder stehen weiter unten auf der Seite)

sehen kann. Kurz haben wir noch das Thema der weitverzweigten Handelsbeziehungen der Stadt gestreift, in der offenbar auch Menschen aus fremden Welten lebten. Denn unter anderem wurde 1938 in Pompeji bei der Casa della Statuetta Indiana

- Statue der Göttin Lakshmi

gefunden, der hinduistischen Göttin des Glücks.

Den Abschluss machte das 

- Haus der Venus in der Muschel.

Aufgerufen haben wir wieder die Seite über Pompeji, auf der man die Stadt mit Hilfe von Googe-maps besichtigen kann. Diesmal aber haben wir gleich unter dem Informationsbild auf den Link " gallery Gallery 7" geklickt. Es öffnet sich eine Gallerie mit 7 Bildern. Das Bild ganz unten zeigt Venus, die unbekleidet in einer großen Muschel auf dem Meer treibt, wobei sich ihr Schleier im Wind bauscht. Begleitet wird sie von zwei geflügelten Genien, wobei die kleine Gestalt links auf einem Delphin reitend ein Banner vor ihr herträgt. Ja auch wir dachten gleich an das berühmte Bild von Botticelli "Geburt der Venus" und irgendwie erinnerte uns der rechte Genius auch an die beiden Engel, die am unteren Bildrand zu Raffaels "Sixtinischer Madonna" hinauf sehen. Aber kann das Fresko in Pompeji wirklich ein Vorläufer sein? Nun zumindestens, fußt Botticellis Bild wohl auf demselben Mythos: Laut Hesiod war Venus bzw. Aphrodite, wie sie in der griechischen Mythologie hieß, eine Tochter des Uranos, dem sein Sohn Kronos die Geschlechtsteile abschnitt. Er warf sie hinter sich ins Meer und dieses schäumte auf und gebar Aphrodite, „die Meerschaumgeborene“. Von Zephyr geleitet ging sie zunächst nach Kythera, dann an der Küste von Zypern an Land.

Diese Stunde Kunstsurfen konnte natürlich nur einen ganz kurzen Überblick über einige der Villen und Freskos in Pompeji geben. Tatsächlich ist da noch viel mehr zu sehen! Wer sich noch ein wenig in die Antike vertiefen will, sei noch auf die Ausstellung in Hamburg im Jahr 2014 hingewiesen, in der das Haus des Kitharaspielers (DOMUS POPIDI SECUNDI AUGUSTANI) vorgestellt und virtuell rekonstruiert wurde (hier der Überblick über die 3-D-Animantion)

Und hier noch ein Buchhinweis von Uta: In diesem Jahr ist von Eugen Ruge erschienen "Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna", ein Buch, das mit dem Untergang Pompejis endet.