Montag, 3. Februar 2020

Van Eyck. Eine optische Revolution

Turin-Mailänder Stundenbuch, Quelle Wikipedia
Jan van Eyck ist ein flämischer Maler des Spätmittelalters, der als Begründer und berühmtester Vertreter der altniederländischen Malerei gilt. Ihm widmet das Museum der Schönen Künste in Gent (MSK) eine umfassende Schau, nachdem sein berühmtestes Werk der Genter Altar gerade in den letzten Jahren restauriert worden ist. In dieser Ausstellung sind gut die Hälfte der weltweit nur etwa zwanzig erhaltenen Werke des Meisters zu sehen.

Van Eyck ist um 1390 wahrscheinlich in Maaseik geboren worden und starb 1441 in Brügge. Mit seiner Malerei leitete er eine neue naturalistische Kunstepoche nördlich der Alpen ein. Besonders gerühmt werden seine vollendete Maltechnik und sein Sinn für eine so wirklichkeitsgetreue Darstellung, dass man manchmal meint eine Figur trete direkt aus ihrem Rahmen auf den Betrachter zu. Über das Leben des Malers ist nur wenig bekannt. Er hatte einen ältereren Bruder, Hubert, der ebenfalls Maler war, sowie zwei jüngere Geschwister. Ab 1432 lebte er in Brügge, wo er bald seine Frau Margarete heiratete.


Von ihr schuf er das erste bekannte Porträt einer Künstlerfrau, das im Raum der Brügger Malergilde hing und wahrscheinlich Teil eines Paarbildes war und das wir uns als erstes angesehen haben:

- Bildnis der Margareta van Eyck, 1439, Groeningemuseum, Brügge

Uns fiel natürlich die merkwürdige Haartracht auf. Oder sind das Hörner aus Stoff unter ihrem gerüschten weißen Kopftuch? Vergrößert man das Bild und schaut sich den oberen Rahmen an, so findet man einen Teil einer Inschrift (der andere Teil ist unten auf dem Rahmen), die übersetzt lautet: "Mein Mann Johannes vollendete mich im Jahr 1439 am 17 Juni, 33 Jahre alt. als ixh xan". Dieses "Als ich kann" war der Wahlspruch des Malers, den er auf mehreren Bildern hinterlassen hat und der durchaus mehrdeutig zu sein scheint: heißt das nun bescheiden "So gut ich kann" oder eher unbescheiden "Weil ich das kann"? Im übrigen fanden wir die Frau eher herb in der Art, wie sie ein wenig streng den Betrachter anschaut. Auch fiel uns die hohe Taille und die abgeschnittene Hand auf (heute auf einem Foto sofort ein Minuspunkt, wurde angemerkt! ;-)). Möglicherweise gehörte als Gegenbild dazu das

- Selbstporträt (?)/ Mann mit einem Turban, 1433, National Gallery, London

bei dem wir uns aber nicht länger aufhielten.

Van Eyk war ab 1422 am Binnenhof in Den Haag Hofmaler des Herzogs Johann von Bayern-Straubing (1374-1425) und wurde nach dessen Tod 1425 Hofmaler des burgundischen Herzogs Philipp des Guten (1396-1467). Für seine Herrschaft unternahm er Reisen in diplomatischer Mission; so Ende 1428 nach Portugal, wo er für die zukünftige Braut des Herzogs Isabel von Portugal malte.

Als Hochzeitsszene gilt das folgende Bild

- Die Arnolfini-Hochzeit (1434), National Gallery London

Giovanni Arnolfini war ein italienischer Kaufmann aus Lucca in der Toskana, der in Brügge mit Seide und anderen Gütern handelte. Aber handelt es sich wirklich um seine Eheschließung? Anscheindend könnte es sich eher um ein Bildnis zur Erinnerung an Costanza Arnolfini nach ihrem Tod handeln. Dafür spricht u.a. der konvexe Spiegel mit seinen zehn Rundbildern. Sie stellen beginnend am Boden im Uhrzeigersinn die Passion dar: Christus im Garten Gethsemane, seine Verhaftung, Christus vor Pilatus, seine Geißelung, Christus das Kreuz tragend, die Kreuzigung, der Kreuzabnahme, Grablegung, Christus in der Vorhölle und die Auferstehung. Die Szenen des lebendigen Christus sind auf der Seite des Mannes, die Szenen von Christi Tod und Auferstehung auf der Seite der Frau. Spiegel wie dieser werden manchmal auch als Spiegel des Todes bezeichnet, weil die Menschen im Spiegel vergängliche Wesen sind. Zudem hat der Künstler das Bild direkt über dem Spiegel signiert „Johannes van Eyck fuit hic“ und bezeugt damit mit den Worten, dass er "hier war" möglicherweise die innere Wahrhaftigkeit seiner Darstellung. (Diese Hypothese von Margaret L. Koster kann man hier nachlesen, aber auch weitere Hinweise auf verschiedene Merkmale des Bildes hier.)

Als Hauptwerk aber gilt der

- Genter Altar, 1432,

den wir zuerst in seiner geöffneten Form im Ganzen angeschaut haben, bevor wir auf einzelne Bilder dieser mehrflügeligen Altarwand eingingen. Werden die Außenseiten geschlossen, so entseht noch einmal ein völlig anderes Bild. Dieses Werk ist so vielfältig, dass wir nur an einzelnen Darstellungen hängen blieben. Also an der Frage, was soll das Lamm in der Mitte? Das Lamm Gottes steht auf dem Altar inmitten einer paradisischen Natur, also dort wo sonst die Kreuzigung Christi dargestellt wird. Auch das Lamm wurde geopfert. Wer ist dabei, wenn sein Blut in einen Kelch fließt? Die Engel stehen um den Altar. Und rechts die oben? Heilige Frauen und ja, sie tragen Palmwedel. Um das zu erkennen, musste man das Bild stark vergrößern, was bei diesem Link gut möglich ist. Folgerichtig stehen auf der linken Seite die männlichen Heiligen, während links und rechts unten die weltlichen und kirchlichen Würdenträger an dem Geschehen teilnehmen. Und wie die Engel vor dem Altar die Weihrauchfässer schwingen! Es gibt unendlich viel zu sehen in diesen Bildern! Fasziniert hat uns z.B. auch auf der Außenseite zwischen dem Engel der Verkündigung und Maria der Blick in die mittelalterliche Stadt mit ihren Menschen.

Eigentlich wollte ich auch noch das Bild

- Die Stigmatisierung des hl. Franziskus, ca. 1430-32, Philadelphia Museum of Art, John G. Johnson Collection

besprechen. Aber wir hatten nur noch Zeit für das Bild

- Die Geburt Johannes des Täufers im Mailand-Turiner Stundenbuch, um 1420

in dem wir wieder das große Bett mit roten Vorhängen fanden, das schon in der Arnolfini-Hochzeit einen wichtigen Teil des Bildes einnimmt und sozusagen dort auf die Geburt eines Kindes hinzweisen scheint, die hier tatsächlich gerade stattgefunden hat, wobei der Vater Zacharias offenbar im Nebenraum wartet.

Es ist noch so viel zu sehen auf den Bildern von van Eyck, ein virtueller oder realer Besuch bei ihm lohnt sich auf jeden Fall! Deshalb hier noch der Hinweis auf das Google Art project mit seinen beiden Online-Ausstellungen zum Genter Altar "Inside the Gent altarpiece" und "The real van Eyk revealed".