Dienstag, 9. Juli 2019

Michael Jackson / on the wall - Ausstellung in der Bundekunsthalle Bonn

Website der Bundeskunsthalle zur Ausstellung Michael Jackson 2019
Also ich fand mich ja schon etwas wagemutig, dass ich ausgerechnet die Ausstellung über Michael Jackson in der Bonner Bundeskunsthalle für das letzte Mal Kunstsurfen ausgewählt habe. Eigentlich war ich nämlich bisher kein Fan dieses Musikers, der als "King of Pop" und "die erste globale schwarze Medienikone" Welterfolge feierte. Dazu kommen die Schlagzeilen über den Film "Leaving Neverland", der ihn posthum als pädophil verurteilt ohne, dass er sich noch wehren kann. Darüber kann ich mir kein Urteil erlauben und die Aussagen dazu sind zwiespältig: Die Vorwürfe sind unbewiesen, sagen die einen; die Vorwürfe lassen die Ausstellung anders sehen (danke an Ursel für den Link), sagen die anderen. Das Thema ist also einerseits heikel, aber andererseits hat Michael Jackson mit seiner Kunst zahlreiche andere Künstler inspiriert, so dass es durchaus interessant ist, der Wechselwirkung zwischen dem Musiker und Entertainer und der bildende Kunst und dem Film nachzugehen.

Die Ausstellung selbst ist schon in der National Portrait Gallery in London zu sehen gewesen (28.6.-21.10.2018), dann war sie im Grand Palais in Paris (23.11.2018-14.2.2019), wird jetzt in der
Bundeskunsthalle in Bonn gezeigt (22.23.-14.7.2019) und wandert danach in das Espoo Museum of Modern Art in Espoo in Finland weiter (21.8.2019-26.1.2020); also durchaus eine europaweite Schau!



Michael Jacksons Geschichte liest man wie immer am besten auf Wikipedia nach. Hier nur soviel: Er ist am 29. August 1958 in Gary, Indiana geboren worden und am 25. Juni 2009 in Los Angeles, Kalifornien gestorben, Er war Sänger, Tänzer, Songwriter, Autor, Musik- und Filmproduzent sowie Musikmanager und gilt als der erfolgreichste Entertainer aller Zeiten. Zugleich soll er als Künstler weltweit die meisten Wohltätigkeitsorganisationen finanziell und repräsentativ unterstützt haben. Er war das achte von insgesamt zehn Kindern. Sein Vater war Kranführer, seine Mutter Verkäuferin. Mit seinen Geschwistern trat er in der Gruppe "Jackson Five" auf und startete 1971 - mit dreizehn - eine Solokarriere. Die Single "Ben/You Can Cry on My Shoulder" wurde solo sein erster Nummer-1-Hit. Das zweite Solo-Album "Ben" (1972) war sehr erfolgreich.

Wir haben uns zuerst angesehen, wie der schwarze Künstler sich im Laufe der Zeit verändert hat:

Im Video zu
Ben
erscheint der kindliche Michael mit Afro-Frisur auf der Bühne (ca. bei 1:26 min, und ja man muss erst die Werbung über sich ergehen lassen!)

Im Video zu
- Off the Wall, 1979
sieht man ihn auf dem Plattencover als jugendlichen strahlenden Sänger im Anzug.

und im Video zu
- Thriller , 1982
ist er dann ein schwarzer Junge, der im Film  zum Wehrwolf mutiert, und nach dem Film mit Zombies tanzt und offensichtlich seinen Stil gefunden hat.

Angesehen haben wir uns dann die folgenden Kunstwerke aus der Ausstellung. Zuerst

- Appau Junior Boakyw-Yiadom "P.Y.T.", 2009
P.Y.T. (Pretty Young Thing) ist übrigens ein Song von Michael Jackson, Die "Penny-Loafer" (Schlappen würde ich mal sagen), die an Luftballons an der Decke hängen und bei denen man den Sänger sozusagen allegorisch zum Himmel aufsteigen sehen könnte, würde die Decke das nicht verhindern - und würden die Luftballon nicht ihr Gas verlieren, so dass nach ein paar Tagen die Schuhe zu Boden sinken müssen. Ein schöne Beispiel für die Vergänglichkeit des Ruhmes oder?

- Kehinde Wiley, Reiterporträt König Philip II (Michael Jackson), 2010
Für dieses Reiterporträt, das Michael Jackson anscheinend selbst in Auftrag gegeben hat, gibt es ein historisches Vorbild:

- Peter Paul Rubens, König Philipp II. von Spanien (1527-1598) zu Pferde

Wir haben beide verglichen und sind auf viele Ähnlichkeiten gestoßen. Aber was sagt dieses Bild aus?  Ein -schwarzer - Popkünstler in Amerika lässt sich in der Pose eines absolutistischen Herrschers zu Pferde darstellen und von Engeln bekränzen ...

Ähnlich erhaben erscheint der Sänger auch in dem Bild von
- Kai Quetta, Michael Joseph Jackson, 2012
und sieht man dann genauer hin, so hat der Maler in diesem altmeisterlich wirkenden Gemälde eine Art Lebensweg des Künstlers dargestellt, denn die verschiedenen Erscheinungsbilder des Sängers umringen sein Pferd und gehen mit ihm - vom kindlichen schwarzhäutigen Knappen, über den aus Angst vor Keimen vermummten Mann bis zu dem weißhäutigen Erscheinungsbild mit kantigem Gesicht.

Einen anderen Aspekt betont
- Mark Flood, Michael and E.T., 1985
wenn er den Sänger mit zwei Augenpaaren und zu einem breiten Lächeln verzogenem Mund neben dem Außerirdischen porträtiert und damit eine kindlich fröhliche Beziehung zwischen den beiden "Kunstfiguren" erschafft.

Nur kurz blieben wir bei
- Dawn Melos, Michael Jackson (Thriller), 2007
stehen. Wenn man das dazugehörige Video (s.o.) angesehen hat, so versteht man wie der Künstler auf die Idee kommt dieses "wilde" Porträt zu malen, das mit der nach vorn gestreckten Hand den Betrachter auf Abstand zu halten scheint.

Bei
-Faith Ringgold, Wer ist schlecht?, 1988
hielten wir uns dagegen länger auf. Was ist auf dem Bild zu sehen? war wie immer die Frage. Michael Jackson steht ganz offensichtlich mit erhobenen Händen im Zentrum. Während er in einer Bühnenpose erscheint, ist hinter ihm ein riesiger Tumult von Gestalten, die mit Armen und Beinen ineinander verhakt zu sein scheinen. Sie alle haben unterschiedliche schwarze Gesichter und Kopfbedeckungen und bilden eine dunkle Masse. Über ihnen im Hintergrund dunkle Hochhäuser mit den Namen von Kämpfern gegen die Rassentrennung und die Unterdrückung der Schwarzen in Amerika, Und auch auf dem Fußboden erscheint ein Durcheinander von bunten Schriftzügen. Michael Jackson galt auch als ein wichtiger Vertreter der schwarzen Bürgerrechtsbewegung und das erzählt dieses Bild.  Ursel fand dazu noch dieses Video, auf dem die Künstlerin (auf Englisch) Auskunft über ihr Werk gibt.

Die Gestalt des Sängers konnte auch religiös überhöht werden , wie in der dreiteiligen Bilderserie, die der Fotograf und Künstler David Lachapelle nach Jacksons Tod 2009 mit dem Titel "American Jesus" geschaffen hat. (Dazu gibt es hier einen englischen Text.)
- Archangel Michael: And no message could have been any clearer
zeigt Jackson mit Flügeln vor einer rauen Küstenlandschaft, wie er auf einem liegenden roten Teufel steht und die Hände zum Gebet faltet. Historische Vorbilder für dieses Sujet gibt es viele, so z.B.
- Rafael, Sieg des Erzengels Michael, 16. Jh.
 Doch Lachapelle übernimmt nicht die Kampfhandlung, sondern lässt seinen Michael in demütiger Gebets-Haltung triumphieren...
- The Beatification: I’ll never let you part, for you’re always in my heart
zeigt den Sänger in einer ähnlichen jetzt aber lieblicheren Küstenlandschaft zusammen mit einer durchscheinenden Frau, bei der uns besonders das Kreuz an seiner langen Kette auffiel.
- Pietà: Hold me, carry me boldly
Auch für das Motiv der Pieta gibt es natürlich jede Menge Vorbilder. Am berühmtesten ist vielleicht
Michelangelos
Pietà
aber immer ist es die Mutter, die ihren toten Sohn auf den Knien hält und betrauert. Hier aber hat Christus selbst die Rolle des Trauernden übernommen und Michael Jackson wird zu seinem Sohn...

Wie der Sänger auf die Menschen gewirkt hat, zeigt die Künstlerin Candice Breitz in ihrem Video
- A Portrait of Michael Jackson, 2005

Ach und ganz zum Schluss noch der Hinweis auf Jeff Koons in diesem Blog, der auch Michael Jackson porträtierte.