Sonntag, 3. Juli 2016

Für Gott und das liebe Geld - das goldene Zeitalter der südlichen Niederlande

Omgeving van Gillis Mostaert, Allegorie van de handel,
ca. 1550-1600 The Phoebus Foundation
Richtig heißt diese Ausstellung natürlich auf niederländisch "Voor God en Geld - Gouden Tijd van de Zuidelijke Nederlanden" und damit haben wir uns beim letzten Kunstsurfen mehr im Bereich der Kulturgeschichte als dem der Hochkunst bewegt. Aber meiner Ansicht nach gehört auch dieser Bereich zu dem großen Feld, das wir mit Kunst bezeichnen.

Die Grafschaft Flandern und das Herzogtums Brabant sollen dabei als "Handelszentrum der (damaligen) Welt dargestellt" werden. Es geht um die wirtschaftliche und kulturelle Glanzzeit der Südlichen Niederlande, in denen ein "neuer" Menschentyp in den blühenden Städten entstand und künstlerische Produkte aus dieser Gegend - Gemälde, Bilder, Wandteppiche, Altaraufsätze, illustrierte Handschriftenden u.a. - den Weltmarkt eroberten.



Die Bilder, die wir uns beim Kunstsurfen  angesehen haben, gehören zu den Pressebildern , die das "Provinciaal Cultuurcentrum Caermersklooster" veröffentlicht hat.

Als erstes haben wir uns angesehen:

- Frans Verbeeck (Mechelen um 1510–1570), Der Narrenhandel, (dieser Link hier zeigt das Bild noch einmal im Mediaviewer)

Natürlich gab es bei diesem Bild - Karl verglich es mit einem Wimmelbild für Erwachsene - jede Menge zu entdecken und viele offene Fragen. Was machen die beiden Männer vorn am Boden? Sie haben Säcke und Körbe mit kleinen Menschen. Handeln sie mit dieser Ware? Sie handeln mit Narren? Ein Text des Auktionshauses Dorotheum bestätigt diese Annahme. Man sieht die Kappen und Schellen, die die kleinen Menschen als Narren ausweisen und die Handelsszene kann "nur als Allegorie zu verstehen sein: Sie verbildlicht wohl, dass menschliche Torheit immer im Umlauf und somit unausrottbar ist – eine Satire auf die Narrheit der Menschen." Die Kaufleute am Tisch wiegen diese kleinen Narren. Weitere stehen dabei und bieten noch mehr Narren an. Im Text steht weitere zu lesen: "Der Kaufmann vorn ist wie mit einer Trense geschirrt und hat an der Stirn einen kleinen Narren sitzen, der mit dem Hammer auf die bekannte Steinoperation anspielt. Die operative Entfernung eines Steins aus der Stirn war ein von Hieronymus Bosch ausgehendes Bildthema, das im 16. und 17. Jahrhundert in zahlreichen Variationen verbreitet war. Die Botschaft ist einfach: Dummheit lässt sich operativ nicht entfernen, die Operation ist nutzlos, also ebenfalls närrisch."

Und was macht das Paar links am Boden. Säugt die Frau ein kleinen Narren und füttert einen anderen, der das Essen gleich wieder hinten herauslässt? Und das Liebespaar rechts. Sie könnte eine Nonne sein oder? Ist er ein Mönch, wie im Text behauptet wird?

Warum haben die Leute damals überhaupt eine solche "Narrenthematik" dargestellt? Hier müsste man weiter nachforschen z.B. nach dem Narrenschiff von Sebastian Brandt. Doch wir hatten genug Narren gesehen und wandten uns dem nächsten Bild zu, das hier auch abgeildet ist.

- Umgebung von Gillis Mostaert, Allegorie des Handels, ca. 1550-1600

Ich hatte mir vorher schon die Umschrift angesehen und sie so übertragen: HET TOREN SLAET AF THOUVT SCHERP DAT ICK DEN THOL WINNE – SA LICHT DE HAND OFT ICK STEKKER DE MOL INNE. Allerdings bin ich bei THOVT nicht ganz sicher, was da wirklich geschrieben steht, Versteht jemand diesen Spruch?  (Der Tor schlägt ab .... scharf, damit ich den Zoll gewinne - sie leckt die Hand so oft ich das Maul hineinstecke ???). Also habe wir uns gefragt, was man auf dem Bild sieht: Eine Frau und einen Mann, die auf einem Sack und einem geschnürten Ballen sitzen und miteinander reden (verhandeln?) vor einer Stadtansicht im Hintergrund. Der Mann beugt sich vor und die Frau scheint zurückzuweichen, oder ist das nur unsere heutige Sichtweise? Vielleicht hilft ja der Hinweis auf das Bild von Jost Amman weiter, der eine Druckgrafik geschaffen hat, die ebenfalls eine "Allegorie auf Handel und Kaufmannschaft" ist. Rechts sieht man auf jeden Fall wie Ballen, Kisten und Fässer geöffnet werden. Handel in so großem Umfang war neu und aufregend in dieser Zeit.

Dazu passt auch das Bild von

- Marinus Claes van Roymerswaele “Zwei städtische Steuereinnehmer”, 1549 Öl auf Holz, 86 × 70 cm. Paris, Musée du Louvre.

Sympathisch waren sie uns eigentlich nicht. Der rechte Mann schaut ja wirklich verschlagen aus oder? Sie sitzen an einem Tisch, der "Bank", auf der das Geld gezählt wird. Der eine trägt die Summe in sein Buch ein, die Münzen liegen vor ihm, der andere drängt sich dich heran und zeigt auf das Buch. Und die Kerze oben auf dem Bord? Sie geht gerade aus. Ist das ein Hinweis auf das Lebensende. Auf jeden Fall war das Geldzählen und -einnehmen ein beliebtes Motiv in der Kunst dieser Zeit. Wir verglichen das Bild von Roymerswaele mit dem von Jan Massys, Der Steuereinnehmer und Ursel schickte dann gleich noch einen Link mit einer Reihe weiterer ganz ähnlicher Bilder.

Wie lassen sich diese Darstellungem mit dem folgenden Bild verbinden

- Pieter Pietersz, De gortenteller, ca. 1560-1600 http://www.artnet.com/artists/pieter-pietersz/de-gortenteller-a-dutch-proverb-of-an-old-man-1oLwUHLLd2o6xm3EA35t9w2

Der "Gortenteller" ist einer der Gerstenkörner zählt, bei uns heißt so jemand Erbsenzähler! Gleichzeitig bezeichnet das Wort einen geizigen und habgierigen Menschen, später einen, der sich in die Hausarbeit einmischt. Im Bild tut er das, indem er die Fäden von den Spinnwirteln auf ein Gerät in seiner Hand aufwickelt (wie heißt das Ding bloß noch?)

Zum Schluss haben wir uns dann noch die Bock- oder Ständerwindmühlen angeschaut, die Brueghel Vater und Sohn gemalt haben. Auch wenn die Farben in diesen Bildern wahrscheinlich nicht gut mit den Originalen übereinstimmen, kann man doch ganz gut vergleichen, wie sich der Blick auf die Natur und die technischen Bauwerke der Mühlen vom Vater zum Sohn verändert haben.

Jan I Brueghel, Landschap met molens, ca. 1610
http://www.scheveningen1813-2013.nl/huifkarren/bruegheljandejonge/bruegheldejonge7/index.html

Von Marlit kam übrigens gleich am Anfang noch der Hinweis auf eine weitere Ausstellung, die sich mit der Geschichte des Geldes auseinandersetzt. In Baden-Baden lief bis zum 19.6.2016 "Gutes böses Geld - Eine Bildgeschichte der Ökonomie", in der das Geld als soziale Technologie in den Mittelpunkt gerückt wurde.