Montag, 14. April 2014

Die Dame mit dem Einhorn - Bildteppiche des Mittealters

Der Ausgangspunkt zu diesem Gespräch über Kunstwerke war dieser Tweet (Samstag nachts, als ich nicht schlafen konnte). Das Bild erinnerte mich sofort an die Zeit, als ich an meiner Doktorarbeit über einen mittelalterlichen Bildteppich saß, und das Wort Millefleur fiel mir ein, bei google suchen und da war die Dame ja! Deshalb also diesmal hier:

Die Bildteppichfolge der "Dame mit dem Einhorn".

Das Einhorn über dem Eingang zur Einhornapothke in Husum
Sie hängt in dem Musée de Cluny - Musée national du Moyen Âge, in dem natürlich noch viel mehr Kunstwerke aus dem Mittelalter zu sehen sind und das als Gebäude selbst eine interessante Geschichte hat. Über das Bild von dem Raum, in dem die Teppichfolge bis 2013 hing (sie wurde bis Ende 2013 restauriert und danach neu aufgehängt), kann man sich auch gut eine Vorstellung von der Größe dieser gewirkten Wandbehänge machen. 



Die Teppiche selbst werden auf der französischen Seite des Museums in einzelnen Bildern (auf das Bild klicken, dann erscheint die Bilderfolge und zuletzt ein französisches Video zur Restaurierung und Bedeutung der Bilder!).  Zum Thema Einhorn gibt mal wieder Wikipedia Auskunft. Und ich habe gerade in Husum die Einhorn-Apotheke fotografiert, damit lässt dieser Post dann auch illustrieren.

Dargestellt werden die fünf Sinne und ein weiteres Bild. Abbildungen der einzelnen Tapisserien kann man auch - in unterschiedlicher Qualität - auf Wikipedia finden: 

Die Dame, die ihren Vogel füttert (übrigens ein Halsbandsittich anscheinend auch ein Symbol der Reinheit), symbolisiert das Schmecken. Uns fielen besonders die vielen kleinen Hasen auf (passt gerade gut zur Osterzeit!). 

Aber natürlich haben wir auch über die Technik des Wirkens gesprochen, wofür man auf jeden Fall eine Vorzeichnung brauchte, die ebensogroß war wie die Tapisserie selbst. Mehr zu dieser Technik erzählt wie immer Wikipedia. 

Das Sehen wird durch den Spiegel versinnbildlicht, in dem wir als Betrachter das Einhorn mit seinem sanften Blick wiedersehen.

Beim Fühlen berührt die Dame das Horn des Einhorns und hält zugleich selbst das Banner fest. 

Auf dem Banner befindet sich stets das Wappen der Familie Le Viste. Als Besteller kommen entweder der hochrangige Jean IV. Le Viste, der 1500 starb, oder nach neueren Forschungen zu den Farben des Wappens sein Cousin Antoine Le Viste II, gestorben 1534 in Frage (dazu gibt es einen französichen Artikel auf Wikipedia). 

Beim Riechen windet die Damen einen Blütenkranz. 

Und um das Hören darzustellen, spielt sie auf einer kleinen Tischorgel.

Der sechste Teppich trägt auf dem Zelt die Inschrift "A Mon seul desire" (Mein einziger Wunsch). Seine Interpretation ist umstritten.  

Wir haben nicht alle Bildteppiche betrachtet, sondern haben noch ein wenig nach dem Einhorn geforscht und uns den Bildteppich "Einhornjagd" im Google Art Projekt dazu angesehen. Von dort haben wir dann noch schnell einen Sprung zu den Jagd-Teppichen aus Devonshire gemacht, über die man sich auf dieser Seite des Victoria and Albert Museums weiter informieren kann. 

Insgesamt erschien uns das Aufregendste an diesen Bildteppichen, dass sie soviel über Kleidung und Vergnügungen der feinen Welt, aber auch über die Tiere und das Leben im 15. und 16. Jahrhundert erzählen können.