Donnerstag, 25. August 2016

El Siglo de Oro - Austellung im der Gemäldegalerie Berlin

Bis zum 30. Oktober 2016 ist in Berlin die Ausstellung "El Siglo de Oro" zu sehen. Über dieses Goldene Zeitalter Spaniens kann man sich natürlich, wie immer, auf der entsprechenden Wikipedia-Seite informieren. Aus den dortigen Informationen zusammengefasst, wird diese Blüteperiode Spaniens etwa von 1550 bis 1660 angesetzt und stellte den Übergang von der Renaissance zum Barock dar. Es war der Höhepunkt der Herrschaft der Habsburger und zugleich der Beginn einer politisch-ökonomischen Stagnation. Als Beginn wird das Jahr 1492 gesetzt, das Jahr der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus und der Eroberung Granadas und damit des Endes der Reconquista, also der  Zurückdrängung des muslimischen Machtbereichs auf der iberischen Halbinsel. Danach stieg Spanien zu einer der wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Mächte Europas und der Welt auf. Hundert Jahre später aber häuften sich politische Krisen, militärische Niederlagen und Staatsbankrotte. Dazu kam, dass die Pest in Spanien wütete.

In der Malerei gab es am Anfang mehrere Zentren, wie Toledo, Sevilla oder Valladolid, doch unter Philipp IV. wurde Madrid zum Mittelpunkt des Kunstschaffens. Auf Wikipedia heißt es, dass für den spanischen Hochbarock (ab etwa 1630) ein im internationaler Vergleich deutlich ausgeprägter Naturalismus kennzeichnend ist. Die Blütezeit der Malerei endete, als im Spätbarock nach 1680 fast nur noch die Kirche als Auftraggeber für Bildwerke auftrat.

Wir haben uns eine Reihe von Bildern angesehen - wobei anzumerken ist, dass sich in der Ausstellung auch großartige Plastiken befinden - und uns dabei immer mal wieder gefragt, was für uns das "Spanische" an dieser Kunst ist. Es war allerdings nicht leicht darauf Antworten zu finden, wenn man diese Bilder nicht mit dem Kunstschaffen aus anderen Ländern vergleicht ... Das wiederum wäre ein neues Thema! 

Hier die Bilder, für die es diesmal meistens zwei Links gibt. Der erste zeigt ein kleineres Überblicksbild, der zweite das Bild in hoher Auflösung von der Presseseite der Ausstellung bzw. von artsy.net. Allerdings weiß ich nicht, ob diese Bilder auch nach dem Ende der Ausstellung noch zur Verfügung stehen.

- Bartolomé Esteban Murillo, Junger Mann mit einem Fruchtkorb, ca. 1640-1650, © Scottish National Gallery. Purchased by Private Treaty with the aid of the Art Fund in 1999

   Kleines Bild und großes Bild

Hier fielen die Ähren im turbanähnlichen Kopftuch ins Auge. Fachmännisch wurde Gerste erkannt, aber auch die Früchte sind gut erkennbar - Äpfel, Birnen, Pflaumen, Tomaten, eine Gurke im Hintergrund. Die Lichtführung war Thema und der Gegensatz heller Arm und Oberkörper dunkles Tuch, ja und natürlich Obst (und die Ähren), das dem Betrachter da so einladend hingehalten wird, erinnert an Erntedank, den Übergang vom Sommer zum Herbst.


- Murillo: Die Pastetenesser, um 1670/75, © Bayerische Staatsgemäldesammlungen München - Alte Pinakothek

   Kleines Bild und großes Bild

Verglichen mit dem ersten Bild von Murillo ist dieses viel naturalistischer (man beachte nur die schmutzigen Kinderfüße, die als erstes auffielen). Trotzdem ist die Genreszene nicht wirklich in dieser Welt angeordnet. Die freie Natur ist nur durch die Pflanzen im Vordergrund angedeutet. Der Hintergrund ist unbestimmt, so dass der Raum, in dem die Szene spielt, unbestimmt bleibt.

Ganz anders dann die Kunst von

El Greco

- El Greco: Immaculata Oballe, 1613, © Parroquia de San Nicolas de Bari, Toledo, Foto: David Blázquez = unbefleckte Empfängnis Mariae
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Die Taube am Himmel fiel Johannes als erstes ins Auge. Doch es ist natürlich noch viel mehr zu sehen, von der dunklen Erde mit ihrer der Gegend um Toledo ähnelnden Stadtlandschaft und den Symbolen auf der rechten Seite (Monstranz, Schlange, Brunnen), sowie der kleinen Stadt und dem Segelschiff auf dem düsteren Meer, bis zu den Engeln mit ihren Musikinstrumenten, die Maria umrahmen. Und dann natürlich Maria selbst mit ihrem unnatürlich langen Unterkörper und den zackigen Gewandfalten - das sieht ja fast schon expressionistisch aus oder? Und die Köpfe, wirken sie sie für sich genommen nicht so, als ob sie Gemälden des 20. Jahrhundert entstammen? 

Bei dem Namen El Greco kam auch eine literarische Assoziation auf. Gab es da nicht einen Roman? Ja, gab es: El Greco malt den Großinquisitor von Stefan Andres (List-Verlag 1958). War mal berühmt. Hinterher hat Johannes auch das El Grecos Porträt des Kardinalinquisitors Don Fernando Niño de Guevara (um 1600) gefunden. Er findet es furchterregend. 

Ein weiteres kirchliches Bild stammt von 

Francisco de Zurbarán

- Zurbarán: Das Schweißtuch der Heiligen Veronika, 1658, © Museo Nacional de Escultura

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Wie eine Fotografie fanden wir, so genau ist die Hängung des Tuches, ja fast die Fäden des Gewebes zu sehen. Es ist eine Reliquie, die dargestellt wird. Gibt es sie wirklich? Um was für ein Tuch handelt es sich eigentlich? Uns kam zuerst das Turiner Grabtuch in den Sinn. Aber kann es das sein? Kannte Zubarán es vielleicht sogar. Aber der Turiner Grabtuch zeigt einen vollständigen Körper, es muss eine andere Geschichte sein, eine Legende; die Legende der Heiligen Veronika. Aber Legende und Bild auf dem Tuch stimmen so gar nicht überein, also doch kein wahres Abbild ...
Und wirklich Zubarán hat noch ein zweites Bild geschaffen mit einem ganz anderen Christuskopf!

Ebenso fotografisch realistisch scheint auf den ersten Blick das Stilleben eines unbekannten Meisters:

- Spanien, Schule von Madrid: Bücherstilleben, um 1630/40, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Foto: Jörg P. Anders

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Was für Bücher sind das? Vielleicht aus einer Klosterbibliothek, so wie sie da auf dem Tisch liegen, das Tintenfass mit Feder daneben, die Sanduhr oben drauf? Also auf jeden Fall nicht gedruckt, also aus einer älteren Zeit. Aber sie sind nicht sorgfältig aufbewahrt wie in einer Bibliothek. Das oberste liegt offenbar schon lange geöffnet herum, die Seiten sind aufgeflogen und geknickt, die Schrift ist verblasst. Wieso verblasst? Alles ist ganz genau gemalt, da sollte man erwarten, dass man auch die Schrift lesen kann, aber die Tinte ist teilweise kaum mehr erkennbar. Vergänglichkeit also? 

Weniger zu bereden gab es bei: 

- Antonio de Pereda y Salgado: Bergige Landschaft mit Ziehbrunnen, um 1650, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Foto: Jörg P. Anders

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Und beim nächsten Bild des berühmten Velázquez  wurde dann die Zeit schon knapp:

- Diego Velásquez: Don Gaspar Guzmán, Conde Duque de Olivares, ca. 1635, © bpk, The Metropolitan Museum of Art, Malcolm Varon

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Aber uns fiel dann doch auf, dass das Pferd vor einem Wasserlauf scheut, den es überqueren soll, und natürlich ist es schon ein Kunstgriff, Don Gaspar Guzmán aus dem Bild heraus und nicht auf den Betrachter zureiten zu lassen. So kann man das prächtige Pferdegeschirr und den reiche Ausstattung des Herrn mit Panzer und Schärpe, Gewehr und Degen großartig ins Bild setzen: eine gemalte Reiterstatue (und Reiterstatuen waren damals die kostbarsten Denkmäler, die man jemandem setzen konnte).

Und was ist nun besonders spanisch an diesen Bildern?