Weil ich darüber nicht viel weiß, beschäftige ich mich zwischendurch gern einmal mit der amerikanischen Kunst und so sind wir im Oktober nach New York gesurft und haben ein paar Bilder aus der Ausstellung über die Amerikanische Moderne angschaut, die vom 17. August 2013 bis zum 26 Januar 2014 läuft. Wer nach New York kommt, kann die Bilder also noch im Original sehen. Für alle anderen hier die Links zum virtuellen Kunstbesuch:
Hier ist die Kalenderseite des Museum mit der Ausstellungsankündigung zu finden (sie wird wahrscheinlich nach dem 26.1.2014 nicht mehr zu sehen sein). Und dies ist die Seite, auf der die Bilder der Ausstellung zu finden sind.
Als erstes haben wir uns das Selbstporträt von 1923 von Charles
Sheeler (1883–1965) angeschaut. Es hat etwas gedauert, bis wir gesehen haben, warum das Bild ein Selbstporträt ist. Dann aber haben wir eine ganze Weile über das Aufkommen neuer Techniken (Telefon), das Verschwinden des Menschen, der sozusagen zum Schemen wird und auch die Bezüge dieses Bildes zu unserer Zeit gesprochen.
Übrigens habe ich noch mal nach dem Telefon geforscht. Es ist anscheinen ein Candelsticktelefon, das übrigens wirklich einen Hebel zum Auflegen der Hörmuschel besitzt. Es ist heute anscheinend wieder modern, denn man kann Nachbauten im Internet kaufen. Sehen kann man es hier.
Beim nächsten Bild - "Odol" von 1924 von Stuart Davis (1892–1964) haben wir eine Weile über das Schachbrettmuster im Hintergrund gerätselt. Ich war fälschlicherweise der Meinung es könnte von einer Zigarettenschachtel sein, deren Umrisslinien ja schief im Bild stehen könnten. Aber das war falsch, Badezimmerkacheln stimmt offenbar besser. Wie für Odol in dieser Zeit geworben wurde, kann man übrigen hier sehen und hier kommt gleich noch die Werbung von 1920 für Lucky Strike hinterher.
Bei dem Bild "Farmhouse Window and Door" von 1929 von Georgia
O'Keeffe (1887–1986) hat es ein wenig Zeit gebraucht, bis wir uns eingesehen haben und erkannt haben, wie Tür und Fenster in der Tür und Giebel und die Wände hier miteinander verschränkt sind und zugleich scherenschnittartig flächig und doch auch als Teil eines Ganzen wirken.
Von WalkerEvans (1903–1975) hatte ich die Fotografie "Untitled" von 1929 ausgesucht, die nicht ganz so einfach zu "entziffern" ist und wieder beispielhaft für die moderne Welt steht mit ihren ineinander verschränkten Linien und ihren Bezügen zu Geschwindigkeit und Technik. Hier kann man noch weitere Bilder dieses Fotografen sehen, dessen Motive menschenleere, rein funktionale Gebäude in all ihrer grafischen Kühle zu sein scheinen.
Ben Shahn
(Amerikaner in Litauen geboren 1898–1969) hat sowohl als Fotograf wie als Maler gearbeitet. Sein Foto "New York" von 1936 hat sicher das Motiv für sein Gemälde "Handball" von 1939 abgegeben, doch das Bild hat eine ganz andere Wirkung. Helmut hat während wir allgemein darüber sprachen, länger darauf geschaut und es dann ganz neu gesehen, indem auf die Wirkung der hohen kahlen Wand hingewiesen hat, die die Kinder und uns als Betrachter von der Außenwelt abgschneidet und uns auf uns selbst zurückwirft, so wie sie auch den Ball abprallen lässt. (Helmut, falls du dich noch erinnerst, was du genau gesagt hast, wäre ich dankbar für einen Kommentar!)
Am beeindruckendsten aber war für mich das Bild "Christina's World" von Andrew
Wyeth (1917–2009) von 1948, das man hier noch einmal in hoher Auflösung finden kann. Helmut sah sofort, dass hier eine junge Frau abgebildet ist, die als Kind an Polio erkrankt war. Sie macht eine Rast, sie ist erschöpft davon, dass sie sich krabbelnd am Boden fortbewegt hat. Sie hat eine ganz typische Haltung eingenommen, leicht auf eine Seite gelehnt, vorn noch aufgestützt und endlich fähig den Kopf zu heben und in die Ferne zu schauen, erklärte er uns, und auch, dass sie das Haus in der Ferne nie würde erreichen können, weil es zu weit für sie entfernt ist. Er wies auch auf die Arme und die Hand hin, die wahrscheinlich dadurch verkrümmt ist, dass sie sich seit Jahren auf Krücken fortbewegt. Auch das Bein und der Fuß fiel ihm auf, die zu schwach sind, um ihren Körper zu tragen. Gemeinsam bewunderten wir außerdem die Feinheit des Pinselstrichs, die man besonders gut erkennt, wenn man das Bild in hoher Auflösung vergrößert.
Es war sehr interessant zu sehen, wie nach diesem Bild das in Amerika offenbar sehr berühmte Bild "Hide-and-Seek" von Pavel
Tchelitchew (Amerikaner, geboren in Russland 1898–1957) gar keinen richtigen Eindruck mehr machte.