Mittwoch, 30. März 2016

MANIERA - Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici


Ausstellungsseite des Städelmuseums (Der Pfeil zeigt auf das Digitorial)
Im März haben wir uns die Ausstellung zum Florentiner Manierismus im Städelmuseum angesehen.

Zur digitalen Vorbereitung des Ausstellungsbesuches, die wie alle Internetauftritte des Städelmuseums sehr gut und empfehlenswert ist, geht es links auf der Ausstellungsseite mit dem Link "Digitorial" (man kann dorthin auch hinunter scrollen). Dort klickt man dann rechts auf "Zum Digitorial"  um endlich auch dorthin zu gelangen. Das ist leider etwas umständlich. Das Digitorial hat nämlich leider keine eigene Webadresse bekommen. Warum eigentlich nicht?
Abschnitt auf der Ausstellungsseite 
mit dem Link zum Digitorial
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Übrigens in Parenthese geschrieben: Wir haben auch über den neuen Online-Kurs des Städelmuseums gesprochen. Wir finden den Kurs toll! Aber nicht ganz zu Unrecht meinte Ursel und zwar aufgrund ihrer MOOC-Erfahrungen (massive open online course), dass sie sich bei diesem Kurs mutterseelenallein fühlt, weil keine Möglichkeit zum Austausch mit anderen Kursteilnehmern z.B. in sozialen Netzwerken vorgesehen ist. Bei den MOOCs dagegen hat sie eine Reihe von interessanten Menschen kennen gelernt. Müssen wir also selbst initiativ werden? Hat jemand Lust sich auszutauschen? Dann bitte unten kommentieren!
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Natürlich steht im Digitorial, was man unter Manierismus versteht. Trotzdem verweise ich hier noch mal auf die entsprechende Wikipedia-Seite, die ausführlicher ist.

Fast alles, was wir uns angesehen haben, ist auch im Digitorial zu finden. Trotzdem benutze ich hier andere Links; erstens weil man das Digitorial herunterscrollen muss, zweitens weil ich vermute, dass meine Links hier länger aufrufbar sein werden.

Genauer angesehen haben wir uns als erstes das Porträt das

Porträt des Alessandro de' Medici, "il Moro" (1510-1537) aus der Zeit vor 1537.

Zuerst erkannten wir Florenz im Hintergrund und natürlich fiel die blanke Rüstung ins Auge, die den ganzen Körper bedeckt und auch die Überlängung von Figur, Kopf und Händen. Dann diskutierten wir die Handhaltung, die zumindestens mühsam und unbequem aussieht, maniriert eben oder? Der dicke Stock in den Händen des jungen Mannes erweckte die Assoziation einer Pfeffermühle - ihr wisst schon diese überdimensionierten Dinger, die in manchen Pizzerias Mode sind oder waren - tatsächlich - ich hatte vorher nachgeschaut - ist es ein Herrscherstab. Einiges erklärt auch das Digitorial, so z.B. den "brennenden Helm", der laut Vasari ein Symbol des zukünftigen ewigen Friedens in Florenz sein soll, oder der Baumstamm mit dem Lorbeerzeig als Zeichen für das Sprießen unter der Herrschaft des jungen Medici.

Beim

Porträt einen jungens Nobelmannes von Francesco de' Rossi

fallen die unnatürlich gestalteten langen Spinnenfinger noch mehr auf und seine Handschuhe zeigen, dass er nichts mit bloßen Fingern anfasst. Der nackte Mann im Hintergrund wurde als Hieronymus erkannt. Ich habe dazu folgendes Zitat gefunden:

"In der Ferne füllt eine religiöse Szene den Hintergrund, der Betrachter sieht eine exotische und auch stimmungsvolle Landschaft. Wie andere Gönner möchte der Porträtierte sich klar auf einen Heiligen beziehen, der die gleichen guten Eigenschaften wie er besitzt; in diesem Fall liegt der gelehrte Heilige Hieronymus vor einem flimmernden See, mit seinen Löwen und eine seltsame Kreatur erwächst aus einer Lilie.

In seinem Libro del Cortegiano (deutsch Das Buch vom Höfling) beschreibt Baldassare Castiglione die Sprezzatura als wesentliche Eigenschaft eines perfekten Höflings und empfiehlt stets 'eine gewisse Art von Lässigkeit anzuwenden, die die Kunst verbirgt und bezeigt, dass das was man tut oder sagt, anscheinend mühelos und fast ohne Nachdenken zustande gekommen ist'." (Quelle)

Zum Vergleich gab es dann zwei Bilder der Heiligen Familie. Zuerst haben wir gesprochen über 

- Die Heilige Familie mit dem kindlichen St. Johannes der Täufer von Rosso Fiorentino (1494-1540)

Was macht der kleine Junge links? Er schaut zu Maria auf mit offenem Mund, er starrt auf ihre Brust. Ja die Brust, sie ist sehr deutlich ausgeprägt unter dem dünnen Kleid und den Bauchnabel sieht man auch. Ist das eine Heilige Maria, die erotisch aufgeladen ist? Und die Gesichter, diese großen Augen, die uns anschauen von Maria und dem Jesuskind. Und überhaupt steht die Nase nicht sehr schief im Gesicht der Maria, fast wie bei einer Gestalt von Picasso?  Und dann stehen die Figuren dicht zusammengedrängt im Rahmen, so als ob sie überhaupt keinen Platz hätten und ganz eng zusammenstehen müssten: Das Jesuskind auf einem Tisch mit grünem Kissen (und ja, das ist ein Kissen mit einer grünen Troddel - keine Wärmflasche oder Ähnliches, was da immer auch für Vorschläge durch Skype geisterten!!!) und umarmt seine Mutter. Der greise Joseph scheint eine Stufe tiefer zu stehen und blickt zu Maria ebenso auf wie der kleine Johannes, der am Boden vor ihr steht. 

Und im Gegensatz dazu dann das frühere Gemälde von Rafael 

- die sogenante EsterházyMadonna, c. 1508 aus dem Museum der schönen Künste in  Budapest 

Auch dieses Bild zeigt die Muttergottes mit dem Jesuskind und dem kleinen Johannes, aber wieviel Raum haben sie um sich herum. Wie traditionell ist die Madonna bekleidet, wie glatt ist ihr Gesicht, wie puppenhaft sind die Kinder! Und es gibt bestimmt noch viel mehr Unterschiede zu sehen, wenn man genau hinsieht. 

Damit war die Stunde zuende. Dabei hätte ich noch zwei weitere Bilder besprechen wollen:

Noch ein Madonnenbild, dieses aber von einem venezianischen Maler im Gegensatz zu den Florentiner Künstlern: 

- Parmigianino, Madonna dal collo lungo (mit dem langen Hals) Eine Beschreibung dazu findet man hier

Und zum Abschluss: 

- Jacopo Pontormo (1494–1557), Venus und Cupido

Dieses Bild wird auch im Digitorial des Museums besprochen,das hier allen Lesern noch einmal ans Herz gelegt sei!