Freitag, 4. Juli 2014

Google Streetart Projekt

Hamburg. Rosenhofstraße (Foto Leisner 2014)
Google hat ein ganz neues Projekt vorgestellt. Es geht darum Streetart zu dokumentieren und damit etwas, was eigentlich nicht für die Ewigkeit bestimmt ist, wenigstens in seinem Abbild länger zu erhalten, als es vor Ort meistens möglich ist.

Wir haben die Projektseite gemeinsam aufgerufen. Auf der Seite kann man zu den einzelnen Abschnitten herunterscrollen. Nach dem bewegten "Intro" mit dem Titel "Street Art Projekt" kommt man zu einer interaktiven Landkarte (Kartografieren Sie Wände). Allerdings hatte ich damit kein richtiges Glück. Man kann auf die roten Zahlen tippen und dann sollen sich wohl die jeweiligen Abbildung zusammen mit dem jeweiligen Stadtplan öffnen. Aber bei mir wollten sie das gerade mal nicht, wahrscheinlich ist mein Computer zu lahm.

Der nächste Abschnitt heißt dann "Treten Sie ein".

Übrigens haben alle Abschnitte auch ihre eigenen Links, man kann sie also auch einzeln aufrufen, kommt dann aber immer auf den jeweiligen Bereich der großen "scrollbaren" Seite.

Hier wird man mit dem neuesten Werk des Künstlers Phlegm bekannt gemacht: Das Bestiarium, das man, wie von Google Street View bekannt, mit der Maus über das Klicken auf die Pfeilsymbole besichten kann. Will man erstmal nur die Bilder sehen, weil der "Art view" einen zu sehr verwirrt, so kann man auch die Seite der Galerie aufrufen, in der dieses Kunstwerk im März ausgestellt war, oder auf diese Seite gehen.


Bestiarien waren übrigens im Mittelalter illustrierte Kompendien von Tieren, die halb real und halb ausgedacht waren. Darin konnte man die Naturgeschichte jedes Tiers und seine moralische Bedeutung finden. Aber es war noch kein wissenschaftlicher Text. Auch wenn einige Tierbeschreibungen schon wahrheitsgetreu und sehr genau waren, so waren andere völlig phantasievoll. Trotzdem waren Bestiarien im Mittelalter populäre Lehrbücher.

Der Künstler Phlegm - das heißt übrigens Schleim - hat hier, wie es in einem Text dazu heißt, sein eigenes modernes Bestiarium in seinem eigenen Universum geschaffen. Es handelt sich dabei um eine Großinstallation in Holz, Ton und Gips. Deswegen sehen einige der - von uns als "Bandwürmer" identifizieren Wesen - auch so plastisch aus. Phlegm hat hier sozusagen seine Geschöpfe zu klassifizieren begonnen und sammelt sie in Glasgefäßen an einem pseudomusealen Ort. In dem Text werden diese Bilder auch mit den frühen Höhlenmalereien verglichen, denn man sieht auch Jagdszenen. Inspiriert durch die alten Bestiarien erzählen die Bilder aber zugleich auch "unsägliche Fabeln".

Um zu erkennen, dass dieses Werk eine Zusammenschau dessen ist, was der Künstler früher geschaffen hat, lohnt es sich echte Straßen-Wandbilder von ihm anzusehen. Sie sind hier im Guardian zu finden. Muss man noch sagen, dass es sich um einen in der Street-Art-Szene berühmten Künstler handelt?

Interessant ist auf dem folgenden Abschnitt "Hören Sie den Menchen auf der Straße zu." der Google Street Art Projektseite übrigens noch, dass man auch in einem Video sehen kann, wie bei Google die Kunstwerke aufgenommen werden um sie dann zu "Street-views" zu verarbeiten.

In "Kommen Sie näher" hat man dann die Möglichkeit fünf Bilder von drei verschiedenen Künstlern stark zu vergrößern und damit in allen Einzelheiten zu betrachten. 

Wir haben uns etwas näher mit der Künstlerin (oder doch dem Künstler? Das habe ich gerade nicht herausbekommen.) Inti beschäftigt. Ihr Bild "Pecador" erscheint in einer neuen Seite, wenn man auf den roten Zoomknopf klickt. Damit ist man dann schließlich auf der Google Street Art Projectseite, also  dort, wo - wie bei dem Google Art Project - die Straßenbilder alle gesammelt werden und unter verschiedenen Oberbegriffen (Sammlungen, Künstlernamen, Kunstwerke, Nutzergallerien) zusammengefasst sind. Klickt man auf das Bild und scrollt, kann man eine sehr hohe Auflösung erreichen.  

Der Pecador (Sünder/in) hat uns noch eine Weile beschäftigt. Zum Beispiel der Apfel - gibt es nicht Marienbilder mit dem Apfel, ist es nicht der Apfel den die Sünderin Eva Adam reichte? Gesucht - gefunden: Zum Beispiel das Bild der Madonna mit Kind von Hans Memling (das man als Kunstdruck bei e-Bay erhält). Und da ist ja sogar die Handhaltung ein wenig ähnlich. Und diese vielen kleinen goldenen Ringe, die im Kreis um den Kopf herumgemalt sind - ein Heiligenschein? Obwohl das Bild "Pecador" heißt? Und dazu die "Vermummung" und die Maske: Soll die Maske an mittelalterliche Schandmasken erinnern? Denkt man bei der Kapuze nicht an einen Mönch? Und die Hände sind ja auch "vermummt", sie sind mit einem Tieren gemusterten Stoff bezogen und die Armbänder bestehen aus kleinen Totenköpfen. Alle Werke von Inti finden sich hier auf Google-Street-Art. 

Verglichen haben wir noch das Werk untitled 2013, mit geschickt eine gebogene Mauer ausgenutzt wird. Die Figur sieht aus wie eine liegende Inkamumie, fanden wir, aber auch Erinnerung an südamerikanische Sorgenpüppchen kam auf. 

Auf der Projektseite geht es übrigens beim Herunterscrollen dann weiter mit "Werden Sie Zeuge", dort sind unter den Hashtags StreetArtist, StreetArtproject, StreetArt, Murals, Graffitis und ArteUrbano Links zu Künstlern und Kunstwerken auf Google+ versammelt. Und unter "Rahmen Sie Wände ein" kann man die riesige Zahl von virtuellen Ausstellungen wiederfinden, die auch auf Projectseite von Google Street Art zu finden sind.  

Man kann von allen diesen Links noch stundenlang weitersurfen. Hier noch ein paar weitere Links zu Künstlern, die relativ wahllos herausgegriffen sind. 

Über die "widewalls collection“ in der Schweiz bin ich auf Nick Walker gestoßen und sein satirisches Bild Cancan (2012). Auch Sickboy zum Beispiel mit "Inside my head" finde ich bemerkenswert. 

Aber wie gesagt, das ist nur so eine kurze Auswahl. Es gibt noch unendlich viele tolle Bilder zu entdecken. Deshalb kommt hier noch ein Link, den Ursel auf Google+ gefunden hat: Straßenbilder, die ihre Umgebung mitbenutzen (ursprünglich von Stefan Keuchel geteilt).