Mittwoch, 15. Januar 2014

Surrealisten vor dem Surrealismus

Die Austellung Surrealists before Surrealism: Fantasy and the fantastic in prints, drawings and photography October 4, 2013 – January 12, 2014 ist gerade in Madrid zu Ende gegangen.

Wikipedia bietet sich immer an um zu erfahren, was mit dem Surrealismus gemeint ist. In Kurzform war es eine literarische und künstlerische Bewegung ab 1920 in Paris, die das Unwirkliche und Traumhafte sowie die Tiefen des Unbewussten erforschen wollte und damit das Phantastische und Absurde bewusst und mit voller Absicht in Literatur und Kunst einführte.

Die Ausstellungsseite zeigt einige Beispiel, denen wir uns eine Auswahl näher angeschaut haben. Als erstes das Bild „Ohne Titel“ 1937 von Pierre Jahan, einem berühmten Fotografen des 20. Jahrhundert. Auf dieser Seite kann man weitere surrealistische Fotos von ihm sehen und mehr über ihn erfahren. Hand, Flügel, Sand und eine ovale Abschattierung des Bildes fielen uns auf. Fragen waren, ob das Bild wie eine Collage zusammengesetzt ist, ob die Hand menschlich oder von einer Puppe stammt, was für Assoziationen das Bild erweckt.

Intensiver und länger aber hat uns das Bild "Einsamer Großstädter" (1932, Slg. Dietmar Siegert) von Herbert Bayer beschäftigt. Es geing um die Schichten des Bildes: Hintergrund - alter Innenhof eine mehrstöckigen Mietshauses mit leeren Fenstern; davor die beiden abgschnittenen, parallel erhobenen männlichen Hände mit ihren Schatten (das männlich changierte zwischen dem klaren Hinweis über die Anzugärmel und Manschetten des Hemdes und den zarten, eher weiblich wirkenden Handformen); in den Händen die beiden Augen, die einige von uns an die Wundmale Christi erinnerten. Beim näheren Hinschauen zwei unterschiedliche Augenfarben und dadurch das Gefühl eines durchdringenden Blickes. Und noch der Hinweis auf die Augen als die Fenster zur Seele des Menschen, auf das Hinein- und Hinausschauen, das Fenster und Augen ermöglichen.

Albrecht Dürer, Melencolia I, 1514 (Bildquelle)
Laut Wikipedia erzielte dieses Bild im Dezember 2012 bei einer Versteigerung des Auktionshauses Sotheby's den Rekordpreis von $1.482.500 Dollar und ist damit eine der teuersten klassischen Fotografien weltweit.


Um Augen geht es auch bei der Zeichnung(?) bei dem Bild "Blick in das Theater von Besançon" (1804, Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt) von Claude Nicolas Ledoux  Das Bildhauerische dieser Darstellung fiel uns auf und auch hier das Changieren zwischen hereinreichen und hinausschauen in das Auge, mit dem Ledoux spielt, wenn er den Lichtstrahl über der Pupille aus dem Auge hinausfallen und in der Iris die Kolonade (oder ist es vielleicht gar keine Architektur?) des Theaters erscheinen lässt.

Als Erweiterung dazu kann man noch einen Blick auf die Revolutionsarchitektur werfen, als deren berühmtester Vertreter Ledoux gilt und sich das Projekt für ein Garten-Aufseher-Haus für den Park von Mauperthuis ansehen. Mauperthuis war übrigens ein Schloss in Frankreich, für das Ledoux Architektur und Parkgestaltung entwarf.

Diesen Entwürfen stellt die Ausstellung Albrecht Dürers Grafik "Melencolia I"  von 1514 gegenüber und ordnet sie unter dem Oberbegriff des Rätselhaften ein. Wie weit man sie entschüsseln kann, kann man dem Text auf Wikipedia entnehmen und dort gibt es noch jede Menge weiterführende Links zur Vertiefung.

Verglichen damit wirkt das moderne "L'enigme d'Isidore Ducasse" von Man Ray nicht ganz so rätselhaft. Es besteht aus einer Nähmaschine, eingewickelt in eine Decke und mit einem Seil befestigt. Das Objekt ist von dem Gleichnis des Schriftstellers Isidore Ducasse (1809-87) inspiriert, in dem es heißt "Schön wie ein zufälliges Zusammentreffen einer Nähmaschine und eines Schirms auf einem Seziertisch". Die Künstler in Freundeskreis von Ducasse sahen das sowohl als paradigmatisch für einen neunen Typ überraschender Bilder an, als auch als verborgenenen sexuellen Symbolismus symbolism. (Der Schirm war das männliche Element, die Nähmaschine das weibliche und der Seziertisch das Bett!) Man Ray’s eingewickeltes Objekt war dagegen ein Geheimnis und suggerierte niht so sehr ein Nähmaschine eine völlig undefinierte und daher verwirrendere Gegenwart. Den vollen englishen Text zu diesem Objekt, aus dem hier zitiert wird, kann man auf dieser Seite der Tate-Gallery lesen. 

Ganz zum Schluss und nur als Exkurs sei hier einmal auf eine Seite von pinterest verwiesen, wo man sich besonders viele spekulative Bauwerke ansehen kann.